Exciter, Enhancer und Co.

Einführung

Obwohl diese Geräte sehr einfach funktionieren, wurde und wird nach wie vor ein Mythos daraus gemacht und die Wirkungsweise beinahe als Zauberei bezeichnet. Dieses Seminar soll kurz und verständlich Jeden mit der Technik, der Arbeitsweise und den Einsatzmöglichkeiten vertraut machen. Es geht jedoch nicht auf die vielen "Beigaben" (gemeint sind Bass-Prozessoren oder z.B. Stereobasis-Verbreiterer) von heutigen Geräten ein, sondern konzentriert sich auf die Exciterschaltung an sich.

Bereits 1955 baute der Amerikaner Charles D. Lindridge den ersten "Exciter" (dt.= "Oberton"-Erreger). Es stellte sich schnell heraus, dass sich dadurch die Klangqualität, die Sprachverständlichkeit und die Ortbarkeit von Musikinstrumenten verbessern ließ. Diese historische Schaltung steckte technisch gesehen noch in den Kinderschuhen, besaß aber alle grundlegenden Merkmale (dazu später mehr), die auch noch die heutigen Geräte aufweisen. In den 70er Jahren brachte die Firma Aphex ihren ersten "Aural Exciter" auf den Markt. Zu horrenden Preisen verlieh Aphex diese Geräte mit versiegeltem Gehäuse (man befürchtete Nachahmer) an Studios und schuf so die ersten Bausteine des "Mythos Exciter".

Heute bekommt man für wenige hundert Mark diese Geräte (Behringer, Aphex, LEM, dbx etc.) und findet sie daher in jedem Studio, fast jedem Homerecordingstudio und im Rack nahezu jeder Live-Band. Auch gibt es spezielle Geräte für Autoradioanlagen, Rechenalgorithmen für große HD-Recordingsoftware und kleine mp3-Player und selbstverständlich die Integration dieser Schaltung in Kompaktanlagen. Jedoch nimmt der heutige Musik- und Radiohörer den typischen Excitersound als normal wahr, da die kommerziellen Radiosender, sowie die Musikproduzenten und die VIVA- bzw. MTV-Macher diese Geräte über den natürlichen Klang hinaus nutzen, nicht nur, um die Sprachverständlichkeit zu verbessern, sondern auch, um einfach der "lauteste" Sender zu sein.

Wie sie funktionieren

Was machen diese "Wunderkisten" denn nun? Konzentriert man sich erst einmal auf den Kern der Schaltung, findet man nichts anderes als einen Verzerrer, wie er auch z.B. in Gitarrenverstärkern zum Einsatz kommt. Man stelle sich eine Sinuskurve vor (der Ton vom TV-Testbild): Ein Sinus hat keinerlei Obertöne.

Sinuston

Im Gegensatz dazu besitzt eine Rechteckkurve extrem viele Obertöne.

Rechteckwelle

Verstärkt man nun die Sinuskurve soweit, dass die "Bergkuppen" bzw. "Talsohlen" durch die technische Endlichkeit der Schaltung abgeschnitten werden (man "verzerrt" das Signal), entsteht immer mehr ein obertonreicher Sound, da die Kurve immer mehr einem Rechtecksignal ähnelt.

Genau das Gleiche geschieht mit dem Musiksignal, welches in einen Exciter gespeist wird: Die unteren Frequenzen werden mittels eine "Tune"-Reglers (-hochpassfilters) abgeschnitten (meist von 1 kHz bis 8 kHz regelbar), und die übriggebliebenen hohen Frequenzen werden verzerrt. Dieses Signal wird dem Orginalsignal zu einem relativ kleinen Teil beigemischt. Damit bekommt das Eingangssignal künstlich generierte Obertöne, wie sich die Hersteller so gerne ausdrücken. Zusätzlich heben sie mittels eines einfachen EQs die Höhen an. Einige Geräte verzögern das bearbeitete Signal auch noch um einige Millisekunden. Da diese Zeitverzögerungen aber deutlich unter 20 ms liegen, nimmt unser Gehör sie nicht als ein einzelnes Signal war. Dies bewirkt eine "Impulsverbreiterung"; einfach gesagt: kurze Signale mit viel Höhenanteil (z.B. HiHats oder t- bzw. s-Laute) werden "fetter".

Was Exciter im Klangbild verändern

Exciter erhöhen also den Anteil an hohen Frequenzen und erzeugen zusätzlich neue, im Orginalsignal nicht vorhandene Frequenzen. Hängt man nun einen Exciter in die Stereosumme und schaltet ihn bei einer mäßigen Höhenzugabe ein, so wird ein unerfahrener Hörer schnell enttäuscht sein; ja, ein paar mehr Höhen, aber kein Wunder; "Das kann ich auch mit dem Höhenregler an meiner Stereoanlage!". Dies ist natürlich falsch. Obwohl man mit einem Exciter auch drastischere Effekte erzeugen kann, liegt der Sinn und Zweck eines solchen Gerätes mehr in der gezielten "Klangveredelung". Eine besseres Hörbeispiel: Gerade bei höhenarmen Cassettenaufnahmen leistet ein Exciter in der Summe, zusammen mit einer Rauschunterdrückung Erstaunliches. Das Klangbild wird "frischer" und "lebendiger", man kann einzelne Instrumente besser orten, die Sprachverständlichkeit steigt enorm.

Die wichtigsten Frequenzen, um mit unseren Ohren etwas zu orten, sind die hohen Frequenzen (1,2 kHz und 12 kHz). Im Gegensatz dazu können wir z.B. den Subwoofer nicht ausmachen und hören auch nicht, dass da nur einer ganz links steht. Und auch die wichtigsten Frequenzen in der Sprache sind hoch, eben die S- und T-Laute. Da der Exciter diese hochfrequenten Anteile in Musik und Sprache anhebt, verbessert sich die Sprachverständlichkeit und die Ortbarkeit.

Nicht alles ist Gold was glänzt

Nicht jeder Exciter funktioniert jedoch nach dem Prinzip des Verzerrers. Einige Geräte, dazu gehört z.B. der Vitalizer von SPL, heben nur gezielt bestimmte Harmonische mit einem EQ an, und zwar eben solche, die für die Brillianz zuständig sind. Von den Einsatzmöglichkeiten sind sich beide Arten von Geräten sehr ähnlich, allerdings ist der Klangcharakter recht unterschiedlich. Wer sich ein solches Gerät zulegen will, sollte sich bei dem Händler seines Vertrauens beide Arten anhören, und zwar mit seiner Lieblingmusik bzw. seinem Lieblingsinstrument, um sich für die richtige Kiste zu entscheiden.

Regeln und der Gewöhnungseffekt

Noch bevor ich auf die Einsatzmöglichkeiten eines E. eingehe, sollte jeder User einige Regel kennen und beachten lernen:

  1. Man gewöhnt sich unheimlich schnell an die zusätzlichen Höhen und neigt daher dazu, schnell zuviel excitetes Signal dazuzugeben. Auch ermüden die Ohren bei den hohen Frequenzen am schnellsten und man neigt, gerade bei langen Mixdownsessions, dazu, immer wieder ein wenig mehr Exciting dazuzudrehen. Daher sparsam mit dem Exciter umgehen! Am besten eine Grundeinstellung finden und sie nicht mehr verändern. Aber mehr dazu später.
  2. Viele setzen den Exciter auf der Stereosumme ein und haben ihn pauschal eingeschaltet. Das betrügt diejenigen darüber, was wirklich auf dem Band ist, und man gibt sich zu schnell mit einem mäßigen Mix zufrieden. Besser den Exciter erst ganz zum Schluss dazuschalten.
  3. Exciter haben beim Musikhören nichts zu suchen! Das Geld sollte man lieber zusätzlich beim Boxenkauf investieren! Denn: Aufnahmen aus den 80ern klingen nicht stumpf, alt oder schlecht aufgenommen. Damals waren die Hörgewohnheiten einfach anders und man hatte Mixes, die weniger komprimiert und weniger Höhenbetont waren. Musik von heute braucht auch keinen Exciter, denn sie ist schon bis zur Genüge damit bearbeitet worden.

Einsatzmöglichkeiten

Leider hängen Exciter und deren Kollegen viel zu oft in der Stereosumme; dort, wo sie mehr kaputt machen, als wirklich nützlich zu sein (s.o.). Manch einer hat einmal mit einem solchen Gerät schlechte Erfahrungen gemacht und benutzt es seit dem gar nicht mehr. Daher hier einige Tipps und Anregungen für den richtigen und sinnvollen Einsatz:

Bei Sprache empfiehlt sich der Exciter, wenn man einen Sprecher oder Sänger mit matter Aussprache hat, der nicht lispelt oder schmatzt, denn diese Laute werden ja sonst auch angehoben. Wer für Werbung oder Ähnliches Aufnimmt, kommt am Exciter natürlich nicht vorbei.
Im Gegensatz zum Kompressor sollte der Exciter nicht mitaufgenommen werden, sondern nachträglich über einen Insert im Kanalzug seine Dienste tun. Bei Sprache ist jede Einstellung von schwach bis stark denkbar. Hier macht der Exciter durchaus Sinn. Zum einen sind die Hörgewohnheiten bereits so, daß der Excitersound zum guten Ton gehört, und zum Anderen verbessert er ja bekanntermaßen die Sprachverständlichkeit, was gerade dort wichtig ist, wo eine relativ schlechte Abhörsituation herrscht, z.B. im Auto.

Auf einzelnen Instrumenten macht der Klang des Exciters zum Teil nicht nur Sinn, er würde bei Fehlen für Nicht-Musiker die Instrumente u.U. sogar "falsch" oder "unecht" klingen lassen. Beispiel: Auf eine gestrummte Westerngitarre lege ich gerne etwas Exciter (Einstellung Mix: ca. 12 Uhr). Auch lassen sich beispielsweise Anblasgeräusche von Flöten schön herausarbeiten. Bei HiHat, Shaker etc. ist bei richtiger Mikrofonierung genügend Höhenanteil vorhanden, dort sollte man auf den Exciter tendenziell verzichten.

Auf Instrumentengruppen macht der E. sogar richtig Spaß. Statt ihn pauschal auf die Summe zu legen, legt man alle Kanäle außer HiHat, Becken und Gesang auf eine Subgruppe und bearbeitet dann diese mit dem Exciter. Dies verhindert, dass der ganze Mix höhenlastig und zischelnd wird und erzeugt dennoch einen durchsichtigeren Klang. Dies ist meiner Meinung nach die beste Möglichkeit einen Exciter einzusetzen.

Auf der Stereosumme gehört ein Exciter NICHT in den Insert, sondern zwischen Pult und Mastermaschiene! Warum? Weil bei z.B. einem Fadeout der Pegel am Insert konstant bleiben würde, und das Signal weiterhin gleich stark bearbeitet werden würden. In der Natur ist es aber so, dass eine sich entfernende Schallquelle zuerst dumpfer klingen wird. Dies erwartet das Gehör, und dies empfindet man nach, indem man bei sinkender Lautstärke auch weniger Höhen durch den Exciter generieren lässt, als angenehmer und natürlicher.

Einstellung und Anschluss

Die Einstellungen des Mix-Reglers sind natürlich von Situation zu Situation unterschiedlich, tendenziell sollte man jedoch eine Einstellung von über 12 Uhr vermeiden. Ein Exciter ist gut eingestellt, wenn man ihn bei Zuschalten als Bereicherung, beim Abschalten jedoch nie als Verlust wahrnimmt.
Anzuschließen ist der Exciter an bzw. über die Patchbay. Nur dort kann er kreativ und vor allem flexibel eingesetzt werden und verkommt nicht zu einem "toten" Gerät in der Summe. Und natürlich sollte er, wie jedes andere Gerät im Studio auch, symmetrisch angeschlossen werden, um mögliche Qualitätseinbußen zu vermeiden.

Also, viel Spaß beim "Exciten"...


Autor: Götz Müller-Dürholt Ein Service von MEMI.